Im Frühling durch das Blumenparadies Gargano

Kreuz und quer über die apulische Halbinsel

Vorab: Wandern und v.a. Weitwandern im Gargano ist nichts für Weicheier. Die Wanderkarten sind außerhalb der Nationalpark-Kernzone reine Phantasiezeichnungen, die gängigen Outdoor-Portale zeigen Wanderwege, die meist nicht existieren, und die offiziellen Touristikinformationen sind für alle, nur nicht für Wanderer informativ. Auch die Einheimischen haben keine Ahnung von Wandern. Der öffentliche Personennahverkehr bedient nur die Städte und die Hauptstrecken. Und nicht zuletzt ist die Halbinsel komplett mit Stacheldrahtzäunen überzogen, Wälder und landwirtschaftlich genutzte Flächen sind beinahe unüberwindliche Stacheldrahtfestungen, oft noch "bewacht" von verwilderten Hunden  ...

Dennoch: Jetzt im April erstrahlt der Gargano in einer Blütenpracht, die wahrscheinlich weltweit einmalig ist. Hier eine kleine Auswahl: Etwa 30 Orchideenarten mit einer nie gesehenen Vielfalt an Ragwurzarten, mit einem Blumenteppich aus Apennin-Anemonen, Alpenveilchen, Pfingstrosen bedeckte Wälder, blaue Zwerg-Iris-Wiesen, dazu Milchstern, Zistrosen und andere mediterrane Arten.

Von unseren Gastgebern wurden wir meist als einzige Gäste liebevoll bewirtet.

1./2. Abenteuerliche Anreise nach Bari, Hauptstadt Apuliens, wo wir auf den Spuren von Hohenstaufenkaiser Friedrich II. und des heiligen Nikolaus die Fisch- und Meeresfrüchte-Küche genießen und Fischern und Orecchiette-Künstlerinnen über die Schulter schauen dürfen. Einfachst aber originell und gut Meeresfrüchte speisen bei Frisc & Mange in der Str. Tancredi 34-36, Tel. +3903202237464. Nicht empfehlenswert ist dagegen der "Biergarten" an der Piazza del Ferrarese. Zentral gelegen zwischen Corso und Bahnhof ist unser gutes Quartier im Palazzo Danisi.

 

3. Wegen Bombenalarm und Schienenersatzverkehr noch abenteuerlichere Weiterfahrt über Foggia nach Peschici, wo unsere Gastgeber in der Locanda Al Castello uns, ihre einzigen Gäste, sehnlichst erwarten. Das Zimmer ist groß, einfach eingerichtet und vom Balkon haben wir die schönste Aussicht über Peschici, die alte Burg und den Strand.

 

4. Es stürmt und gießt in Strömen. Der Regenschirm ist nach wenigen 100 m zerfetzt. Wir geben auf, verzichten auf die eigentlich landschaftlich sehr schöne Küstenetappe über 11 km nach Paglianza. Dafür entschädigen wir uns durch eine fürstliche Einkehr in der Taverna di Peschici.

 

5. Nach Paglianza fährt kein Bus, aber wir finden schnell ein Privattaxi, das uns zum vorgesehenen Start unserer heutigen Etappe (11,5 km) bringt. Der Boden ist noch sehr nass, aber wir werden auf dem Küstenweg zum Torre Sfinale bald mit den ersten Orchideen entschädigt. Über den jetzt menschenleeren Badestrand erreichen wir das Sumpfgebiet Sfinalicchio (war nach dem Regen vom Vortag wirklich sumpfig), gehen talaufwärts, müssen das erste geschlossene Tor überwinden und später noch einen dichten Stacheldrahtzaun, ehe es direttisima und mit Hindernissen bergauf geht zum schönen Höhenweg und anschließend abwärts zum traumhaft schönen Quartier im Bio-Agriturismo Posta Pastorella: Edelster Weißwein, freundlichster Gastgeber Fabio Pastorella, fährt uns, seine einzigen Gäste, zum Abendessen ans Meer zum Ristorante Al Tramonto und holt uns danach auch wieder ab.

 

6. Nach dem besten Frühstück Italiens hatschen wir 14 km fast ausschließlich auf Asphalt nach Vieste, werden durch das Abendessen in der Trattoria Borgo Ottocento und durch unser Luxusquartier im Hotel degli Aranci entschädigt. Außergewöhnlich: 4 Klaviere stehen in den verschiedenen Räumen des Hotels, davon 3 gut gestimmt.

 

7. Wir genießen das malerische Vieste: Schwabenburg, Stadtpalast Friedrichs II., Trabucco, Markt, Corso und als Höhepunkt das außergewöhnliche Mittagessen in der Osteria degli Archi mitten in der Altstadt!

 

8. Heute ersparen wir uns 12 km Asphalt und ungewisse Agrarwege und fahren zunächst mit dem Bus (Haltestelle weit außerhalb am Viale Italia / Ausfallstraße Richtung Peschici) nach Mandrione. Laut Karte gibt es einen Wanderweg parallel zur Straße in die Foresta Umbra. Das Tor ist offen, aber bald zeigt uns der Latifundienbesitzer im Landrover, wer Chef ist: Die Tore seien verschlossen, wir sollen zurück auf die Straße. Nach 5 km Straßenhatsch erreichen wir schließlich den romantisch abgelegenen Agriturismo Fara del Falco, wo wir wieder mal einzige Gäste sind und von Gaetano Ruggeri und seinen betagten Eltern umso liebevoller bewirtet werden.

 

9. Der Tag beginnt wieder mit 4 km Straßenhatsch, ehe es rechts ab auf einen traumhaft schönen, markierten Wanderweg in die Kernzone des Parco Nazionale del Gargano geht. Wir wandern über 10 km durch den berühmten Wald, Lieblingsjagdgebiet unseres Stauferkaisers, durch einen noch nie gesehenen Blumenteppich, insgesamt 800 Höhenmeter aufwärts auf dem Höhenrücken Caserma di Caritate - Montariolo - Cugnetta di Picone - Cugnetta di Censa zum Hotel Elda im Zentrum des Nationalparks.

 

10. Zunächst weiterhin gut markiert durch den Buchenwald - Laghetto d'Umbra - Caserma Murgia - Karsthochfläche Tavolone - Jazzo lo Stretto in der großen Uvala (Karstsenke) zur Piscina la Signora. Hier treffen wir auf den Pilgerweg Vieste - Monte Sant'Angelo. Den Weg auf den Orchideenberg Monte Sacro suchen wir vergebens. Über Zäune und Äcker, durch dichte Macchie, verfolgt von verwilderten Hunden versuchen wir hinaufzukommen. Vereinzelt helfen uns Pfadspuren. Aber die Orchideenvielfalt ist unglaublich. Immerhin sollen von etwa 120 europäischen Erdorchideenarten rund 60 auf dem Gargano blühen, davon die meisten am Monte Sacro. Im Abstieg durch Zwerg-Iris-Wiesen treffen wir endlich auf einen Weg, der uns zum Agriturismo Monte Sacro führt, wo wir wieder mal einzige Gäste sind und vom Seniorchef bekocht werden. Insgesamt 16 km, 600 Höhenmeter Anstiege. Froschkonzert und Eselsgeschrei am Abend.

 

11. Anscheinend ist der von uns geplante Zuweg zum Pilgerweg durch verschlossene Tore und Stacheldraht unmöglich. Also auf die Straße, wenigsten fast autofrei und von Blumenwiesen gesäumt, die bei der Masseria Rignanese auf die Hauptzufahrtsstraße zur Foresta Umbra trifft. Kurz vorher sehen wir wieder die Markierung des Pilgerwegs, der wir jetzt bis Monte Sant'Angelo folgen. Am Rastplatz verlassen wir die Straße, die vielen Tore können leicht geöffnet werden. Dann geht es steil hinunter ins Valle Carbonara und genauso steil hinauf in den Erzengel-Michael-Wallfahrtsort Monte Sant'Angelo. Wir kommen im zentral gelegenen B&B Michael unter und staunen über die Bigotterie, auf der der Tourismus hier beruht. 16 km, 600 Höhenmeter Anstiege.

 

12. Auf gut markiertem und ausgebautem Steig geht es 7 km aussichtsreich und steil (750 Höhenmeter) hinunter nach Madonna delle Grazie - wo gerade ein Bus hält, uns 8 km Straßenhatsch erspart und uns nach Manfredonia bringt. Im Ristorante Frontemare direkt neben der Stauferburg von König Manfred genießen wir zum pranzo feinste Meeresfrüchte-Küche. Bummeln, bestes Eis essen bei Bruneleski im Viale dell'Arcangelo 11 neben dem Castello Svevo. Unsere Unterkunft B&B Dimora dei Celestini liegt ideal in der Nähe des Corso Manfredi. 

 

13. Die Bahn fährt nicht (mehr?) von Manfredonia nach Foggia, dafür ein Schnellbus. Wir beziehen unser empfehlenswertes Quartier Residence Romano Albergo Diffuso in der Innenstadt, die wir auch gleich erkunden. Danach apulisch Fastfood im Café Duetto, Sightseeing, Bummeln ...

 

14. Auf zum großen Straßenmarkt in der Via Giuseppe Rosati. Danach die Rucksäcke mit Zitrusfrüchten und anderen Köstlichkeiten vollpacken,  dann zum Bahnhof von Foggia, wo die abenteuerliche Rückreise beginnt. Wir erreichen gerade noch die letzte Straßenbahn nach Hause.